Die Ampelparteien haben einen Koalitionsvertrag vorgelegt, der sich aus queerer Sicht sehen lassen kann. Nach Jahren des Stillstandes und der Blockade der Union sieht man, welches Land wir schaffen können, wenn die Konservativen und Queerfeinde auf die Oppositionsbank verwiesen werden. Nach Jahren der Beleidigungen von LGBTIAQ+ und Tiefpunkten in der Debatte durch Hardliner*innen in AfD und Union soll es endlich in großen Schritten vorwärts gehen.
Die SPD setzt sich endlich durch
Dabei muss man selbstkritisch sagen, dass die Belange der queeren Community von der SPD häufig nicht energisch genug gegenüber CDU und CSU vertreten wurden. Die Ehe für alle haben wir 2017, gegen große Teile der Union und die Kanzlerin durchgesetzt. Doch zu oft haben wir die queere Community auch bitter enttäuscht. Nun liest sich der Koalitionsvertrag wie eine umfassende Abbitte und ein klares Bekenntnis der Ampelparteien zur Realität des neuen Jahrtausends – und die Union sieht ganz schön alt aus.
Selbstbestimmungsgesetz
Der wichtigste und überfälligste Punkt ist meiner Meinung nach die Abschaffung des menschenfeindlichen Transsexuellengesetzes. Endlich sollen viele Forderungen der Community Realität werden und ein Selbstbestimmungsgesetz beschlossen werden. Das Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrages soll nunmehr vor dem Standesamt und nicht mehr vor Gericht stattfinden. Dabei soll eine Selbstauskunft ausreichen und das Offenbarungsverbot weiter ausgeweitet werden. Kosten für geschlechtsangleichende Behandlungen sollen zudem vollständig von den gesetzlichen Krankenversicherungen getragen werden. Zudem soll auch begangenes Unrecht aufgearbeitet werden, indem ein Entschädigungsfonds für Trans- und Interpersonen eingerichtet werden soll.
Antidiskriminierung, Grundgesetz und Blutspendeverbot
Zukünftig soll in Artikel 3 des Grundgesetztes ein “Verbot der Diskriminierung wegen sexueller Identität” hinzukommen. Der völlig unverhältnismäßige und diskriminierenden Vorgaben bei der Blutspende für Männer, die Sex mt Männern haben (MSM) wird beendet. Und endlich soll wie in vielen Bundesländern schon geschehen auch auf Bundesebene ein “Nationaler Aktionsplan für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt” her. Auch Hasskriminalität, die sich gegen LGBTIQ+ richtet soll als solche auch separat von den Sicherheitsbehördern erfasst werden. Endlich!
Ein neues Familienbild
Die Zeit der Einengung des Familienbildes in Deutschland soll nach dem Willen der Ampelkoalition vorbei sein und die Politik an die Lebenswirklichkeit der Menschen angepasst werden. Frauen sind auch Hauptverdienerinnen, es gibt nicht nur zwei Bezugspersonen für Kinder, Ehen werden geschieden und Regenbogenfamilien sind normal. Dazu wird das Abstammungsrecht angepasst, um die Diskriminierung von Regenbogenfamilien zu beenden. Neben der Ehe soll zudem eine Verantwortungsgemeinschaft eingeführt werden nach französischem Vorbild, durch die auch Menschen, die nicht in einer romantischen Beziehung leben, füreinander Verantwortung übernehmen können. So sollen Modelle wie die Wahlfamilie, Alten-WGs oder andere, vielfältige Arten des Zusammenlebens gefördert werden.
Mit uns zieht die neue Zeit
Nun kann man sagen, dass das alles schon längst überfällig ist, tatsächlich streite ich schon lange für diese Punkte, gemeinsam mit den Jusos und oft mit der SPD. Trotzdem freut es mich, dass endlich ein neuer Wind weht. Wenn diese Punkte umgesetzt werden, dann erfüllt sich das Versprechen der Ampel in der Gesellschaftspolitik: Mehr Fortschritt wagen!
Hier gibt es den Koalitionsvertrag in ganzer Länge:
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