Etwa zwei Drittel der Frauen in Deutschland wurden schon einmal auf offener Straße aufdringlich angesprochen, verfolgt oder gar mehr. Das ergab eine Befragung aus dem Jahr 2018. Eine Studie der Cornell University fand heraus, dass 85% dieser Frauen bei der ersten verbalen Belästigung das 17. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten. Viele wollen diesen Umstand nicht mehr hinnehmen. Verschiedene Initiativen machen auf das Problem aufmerksam.
Das Phänomen Catcalling
Unter Catcalling versteht man verbale sexuelle Belästigung. Meist geschehen diese Vorfälle auf offener Straße. Darunter können Pfiffe oder hinterhergerufene sexuelle Kommentare fallen. Das Problem ist aber viel größer und betrifft auch das Verfolgen, Einschüchtern und Einkesseln der Opfer. Die Betroffenen sind in den meisten Fällen Frauen.
Es wächst der Widerstand
Dass Catcalling jeden Tag auf den deutschen Straßen stattfindet, ist inakzeptabel, findet zum Beispiel auch Franziska Peil aus Bonn. Sie betreibt einen eigenen Instagram-Account, auf dem Betroffene ihre Catcalling-Erlebnisse anonym veröffentlichen können. Doch nicht nur das: Sie kreidet kurze Zitate der Vorfälle auch auf die entsprechenden Straßen in Bonn. So kann jeder Passant sehen, was die Opfer an genau dieser Stelle erleben mussten. Dabei ist es erschreckend, dass es oftmals nicht bei bloßem Catcalling bleibt. Es sind noch übergriffigere Geschichten, die man auf dem Instagram-Account zu lesen bekommt: „Ein fremder Mann packte mir an den Hintern.“, „Er meinte mich umarmen und mir an die Brüste fassen zu müssen.“, heißt es da beispielsweise. Aber auch rein verbale Äußerungen wie „Die Nase kannst du mir in die Hose stecken!“ oder „Du geile Sau!“ sind respektlos und sexistisch. Aber leider nicht strafbar.
Die Forderung nach einer Gesetzesänderung
In Deutschland ist sexuelle Belästigung nur dann strafbar, wenn es zu sexuellen, körperlichen Berührungen kommt. Diese Gesetzeslage erhöht den Leidensdruck der Betroffenen. Während in deutschen Nachbarländern wie Frankreich und Belgien verbale Belästigung mittlerweile unter Strafe steht, blieb eine Petition letztes Jahr, die eine Gesetzesänderung auch in Deutschland forderte, bis jetzt wirkungslos.
Gleichberechtigung sieht anders aus
Frauen und Männer sind nur dann gleichberechtigt, wenn sie sich an öffentlichen Orten angstfrei bewegen können. Auch nachts, auch in einer unbelebten Seitengasse. Das ist aber nicht der Fall. Frauen sind in ihrem Bewegungsradius eingeschränkt, wenn sie zu bestimmten Zeiten bestimmte Orte meiden müssen. Aber auch tagsüber ist Catcalling ein Problem, welches Frauen einschüchtert, sexualisiert und bedroht. Das führt zu einem geminderten Selbstwertgefühl. Um dies zu ändern, muss definitiv neben einer gesteigerten Zivilcourage auch eine Gesetzesänderung erfolgen.
Wer selbst von sexueller Belästigung betroffen ist, kann sich hier Hilfe holen:
- Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen: 08000 116 016, https://www.hilfetelefon.de/das-hilfetelefon.html
- Vor-Ort-Hilfe des Weißen Rings: https://weisser-ring.de/hilfe-fuer-opfer/hilfe-vor-ort
- Hilfeportal Sexueller Missbrauch: https://www.hilfeportal-missbrauch.de/startseite.html
Mittlerweile haben viele deutsche Großstädte Instagram-Accounts, die mit dem gleichen Konzept auf Catcalling aufmerksam machen. Hier ein kurzer Überblick:
Tommy Ma meint
Super Artikel! Ich finde es extrem wichtig, dass das Thema immer mehr in den Vordergrund gerückt wird. Weiter so!