Es ist mir wichtig zu betonen, dass der nachfolgende Beitrag nicht das für- und wieder von Abtreibungen diskutiert. Jeder Mensch, der über diesen Schritt nachdenkt oder plant eine Abtreibung durchführen zu lassen, muss diese Entscheidung für sich selbst treffen. Der Beitrag thematisiert lediglich die Tatsache, dass Menschen der Zugang zu sachlichen und wertfreien Informationen versperrt wird und Ärzte bzw. Ärztinnen, die diese Informationen anbieten, systematisch kriminalisiert werden.
Wir fordern: Weg mit §219a
§219 ein Relikt längst vergangener Zeiten?
Verabschiedet wurde der Paragraph 219a unter der Herrschaft der Nationalsozialisten im Mai 1933. Damalige Intention war es die „bevölkerungspolitischen Interessen“ zu schützen. Ausgangslage für das Gesetzt war jedoch die Auffassung, dass Frauen sich erst durch die „Vorbereitungshandlungen“, also die medizinische Aufklärung, für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden. An dieser Stelle muss man auf die zahlreichen Zwangsabtreibungen und Zwangssterilisationen verweisen, welche von den Nationalsozialisten durchgeführt wurden. Paragraph 219 war also nichts weiter als eine weitere Umsetzungsform der Rassenideologie. Warum dieser Paragraph die Überprüfung durch die Alliierten überstanden hat, vermag nur auf den ersten Blick zu verwundern. Diese konnten zwischen dem Paragraphen und dem nationalsozialistischen Gedankengut keinen direkten Zusammenhang finden. Dieser Paragraph entsprach schließlich auch der eignen Gesetzgebung.
Werbung ≠ Information
Nicht zu verstehen ist für mich jedoch, warum dieser Paragraph bis heute bestehen bleibt. Und was noch viel schlimmer ist, warum Politiker (Liebe Grüße an die CDU/CSU an dieser Stelle) meinen, §219a sein ein Werbeverbot. Was läuft denn da im Weltbild bzw. Frauenbild schief? Niemand, wirklich niemand kommt Sonntagnachmittags beim Kuchen auf die Idee am Montag erstmal eine Abtreibung durchführen zu lassen. Ich bin übrigens auch noch nie beim Gynäkologen gefragt worden, ob ich Lust hätte mal einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen. Bei der „Kleinen-Beckenboden Untersuchung“ sieht es da schon anders aus. Die kostet nur um die 20 € und man wird regelmäßig bei der Terminvereinbarung darauf hingewiesen, welche tollen Vorteile einem diese Untersuchung doch bietet! DAS ist Werbung! Das gilt doch aber nicht für den Hinweis auf einer Hommage, dass der betreffende Arzt bzw. Ärztin über Schwangerschaftsabbrüche informiert und diese ggf. auch durchführt. Jede*r der/die jetzt aufschreit, dass das zwei völlig verschiedene Dinge sind, die man nicht mit einander vergleichen kann, sollte sich fragen warum das so ist. Inhaltlich verbietet der Paragraph lediglich „[.. ] die Verbreitung von Schriften seines Vermögensvorteils wegen. […]“. Wenn es für uns als Gesellschaft völlig in Ordnung ist, dass der/die Gynäkologe/in öffentlich auf die IGeLeistungen aufmerksam macht, warum stört es uns dann so sehr bei einem Informationsangebot zum Thema Schwangerschaftsabbruch?
My Body- My Rights
Bagatellisiert wird der Schwangerschaftsabbruch durch Wegfall des Paragraphen nicht. Im Gegenteil. Sichert man Frauen* ihr Recht auf objektive Informationen und ermöglicht ihnen einen leichten Zugang zu diesen, sichert man der Situation auch den nötigen Respekt. Die Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch macht sich niemand leicht. Man muss ihn auch nicht verstehen. Man muss die Beteiligten aber nicht noch mehr quälen und verunsichern, in dem man ihnen möglichst viele Steine in den Weg legt. Und ich halte es für absolut zweifelhaft anzunehmen, dass Ärzte/Innen eine Schwangere dahingehend manipulieren, dass sie sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheidet. Da halte ich es für wahrscheinlicher, dass das Gegenteil der Fall ist. Wahrscheinlich übrigens deshalb weil es keine gesicherten Zahlen gibt, welche Auskunft über die tatsächlichen Einflussnahme von Ärzten bzw. Ärztinnen auf diese Entscheidung gibt. Gefühlspolitik hat bei einem solch wichtigen Thema nichts zu suchen! Das einzige was mit §219a endlich wegfällt ist, dass fundamentale Abtreibungsgegner wie Y. Hendricksen ein Druckmittel gegen Ärzte/Innen wie Frau Dr. Hännel haben, um diese an ihrer Arbeit zu hindern.
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