Ein Holzscheit rückt mit einem kleinen Zucken ein paar Zentimeter nach unten. Ein paar Funken leuchten auf, die Flammen flackern, das Feuer im Kamin knistert. Der Raum ist kuschelig warm.
Auf der Tonablage über der Feuerstelle liegen Makronen mit eingeritzten „X“. Eine Nordmanntanne steht mit roten und Goldenen Kugeln, Engelchen, Weihnachtsbriefen und einem staatse Stern auf der Spitze geschmückt vor dem großen Terassenfenster. Auf dem Wohnzimmertisch neben dem Kamin steht ein Adventskranz, neben diesem ein Nikolausteller mit Äppel, Nüss un Marzipan, die Keksdose ist nicht fern und gefüllt mit selbstgemachten Zimtsternen, Schneehäubchen, Printen, Lebkuchen und Spekulatius.
Der Esszimmertisch ist geschmückt, die Goldrandteller stehen bereit, die Römergläser stehen aufgestellt zu den bereitgestellten Plätzen. Es duftet nach Räuchermännchen, Mandarinen, Zimt und es läuft eine Vinylplatte mit den Weihnachtshits von Bing Crosby, Nate King Cole, Sinatra und Dean Martin. Die Weihnachts-LP „Kölsche Weihnacht“ liegt im automatischen Auswechsler.
Vor einigen Weihnachten zuvor standen noch Trompete und Gitarre bereit, daran erinnern ich mich gut.
Genau an diese Szene muss ich denken, als ich von meinem Studienwahlort Frankfurt am Main nach Kreuzau zur meiner Familie fahre, in den Kreis Düren, zu dieser besinnlichen Zeit, ein paar Tage vor Heilig Abend.
Es sind ca. 2 1/2 Stunden Fahrt mit dem Auto und schon vor meinen Aufbruch vom Studentenwohnheim auf dem Campus Westend, denke ich über diese besinnliche Zeit nach. Ich erinnerte mich an viele Dinge aus den vergangenen Adventszeiten, das gemeinsame Kekse backen, Adventsessen, gemeinsames Schmücken des Hauses, die Diskussionen über Gott und die Welt am Esstisch gebeugt über die leckersten Köstlichkeiten. Besonders erinnere ich mich an die Feierlichkeiten an meinen Namenstag – Nikolaus – und Heilig Abend.
Dabei standen hier nicht die Geschenke im Vordergrund, sondern eher das Zusammentreffen der Familie und der Blick auf die Ursprünge dieser Feierlichkeiten. Die Geschenke gehörten dazu waren aber verhältnismäßig. Naja… nach meinen Maßstäben.
Einer meiner ersten Geschenke zum Namenstag von meinen Eltern war ein Buch von Ottfried Preußler über Nikolaus von Myra, in dem die Geschichte des Bischofs aus der heutigen Türkei beschrieben wurde. Dazu natürlich ein Teller mit Nüssen, Zimtsternen, Mandarinen und etwas Marzipan.
Lichter werden größer, sie reißen mich aus meinen Erinnerungen, hinter mir fährt ein großer Lieferwagen bedrohlich nah auf, bis er schließlich auf der A66 rechts überholt und sich zwischen der Lücke eines LKW und mir ganz knapp zwängt. Auf seiner Seite prangen die Lettern DHL-EXPRESS. Schon seit Tagen sieht man durch die gesamte Stadt die ganzen Lieferdienste hetzen, kleine Subfirmen zuteilen, die häufig sich auf Fahrradwegen stellen, mit blinkender Wahnlichtanlage, mit überhöhter Geschwindigkeit die Hauptverkehrsadern befahren und sich nicht selten in Feuerwehrzufahrten verirren und diese blockieren.
Nun sind meine Gedanken bei den Zustellern und Zustellerinnen, die nicht selten einen 450€ Job neben einen anderen haben und in der Weihnachtszeit zusätzlich gestresst werden. Das Paket muss noch vor 22 Uhr geliefert werden, es sind gleich 4-5 an einer Stelle, man hat noch 30 Minuten für 6-7 Paketzustellungen. – Und das nicht selten für einen Job, der nicht mal vom Arbeitgeber gezahlte Sozialversicherungsbeiträge beinhaltet.
Von den LogistikarbeiterInnen und miserablen Tarifverträgen(Stichwort Amazon) nicht zusprechen.
Überall kann man im Internet Weihnachtsangebote finden, die man versandkostenlos zu sich bestellen kann.
Neulich sagte eine Kommilitonin zu mir, sie bekomme ein neues MacBook zu Weihnachten, dann wäre sie wieder „uptodate“ und könne besser arbeiten und nicht zu vergessen es sei matt schwarz, ganz wichtig. Ich sagte ihr, dass ihr Prozessor in ihrem 2 Jahren alten Macbook, die Rendering für die 3D Modelle ihrer architektonischen Projekte, je nach Materialoberfläche innerhalb von 2 Minuten bearbeiten könne und das neue vielleicht sogar in 1 Minute und 50 Sekunden – wow.
Was schonmal sicher ist, dass sie am ersten Weihnachtstag ein Bild in ihren Instagram Account posten wird – sie scheinbar schlafend im Bett mit ihren neuen Macbook, verwickelt in weißer Bettwäsche mit weißer Wand im Hintergrund; das Ganze mit „Calvin Klein“-Unterwäsche… sehr orginell.
#X-mas #sohappy #architect #macbookpro #black’n’white #ck
Es ist schön, dass die Wirtschaftsprognosen den Konsum der Menschen als so belebend und als Erfolg verbuchen, jedoch verliert es immer mehr an Maß, an Verhältnismäßigkeit. Mediamarkt warb mal mit dem Slogan, Zitat : “Weihnachten wird unter’m Baum entschieden!“. Schade, dass diese Mentalität an vielen Stellen zu beobachten ist.
Ich bin der Überzeugung, dass Konsum auch nach einer verhältnismäßigen Kultur ablaufen kann und dieser dann genügend Platz der Besinnung dieser Zeit lässt.
Die Wirtschaft kann auch Gewinne machen, wenn die Menschen besser bezahlt und versorgt werden. Dazu muss man sich nicht gegenseitig mit dem Schenken überbieten wollen oder Dinge kaufen, die man gar nicht braucht nur um des Konsums Willen. Geschenke, Weihnachtsleckereien, Weihnachtsessen, Weihnachtsschmuck müsse nicht verschwinden oder auf ein Minimum reduziert werden. Nur in ein Verhältnis gesetzt werden, das dem Sinnlichen der Adventszeit gerecht wird und es nicht verschwinden lässt.
Die Tradition sich etwas an Weihnachten zu schenken, kommt vom Nikolaustag, dieser schon benannte Bischof hat den armen Kindern seiner Stadt Süßigkeiten in der Nacht geschenkt, ohne dafür Anerkennung zu erwarten. An Heilig Abend feiert man die Geburt Jesu Christi, der mit seinen Ideen/Idealen und seinen Glaubenssätzen über 2 Milliarden Menschen (und darüber hinaus) weltweit begeistert. Nächstenliebe, Teilen, Vergeben, Solidarität und vieles mehr. Nach der Bibel wurde seine Familie verfolgt und suchte Unterschlupf … mhm welchen Bezug könnte es auf unsere Zeit heute geben?
Weihnachten wird unter ’m Weihnachtsbaum entschieden, soso.
Als ich das Schild der Ausfahrt von Langerwehe erblicke kamen meine Gedanken zurück auf meine Familie, ich freue mich auf meine Eltern, Geschwister und meine beiden Omas. Traurig macht mich der Gedanke, dass mein Großvater dieses Mal zum ersten Mal nicht an Heilig Abend schick angezogen an unseren Tisch sitzen wird, ich vermisse ihn sehr. Das eine meiner Omas durch ihre Demenz mich für ihren Cousin hält und leider nicht schon früher die Pflege bekam, die ihr eigentlich zustand, macht mich ebenfalls betroffen. Zusammen werden wir eine Kerze anzünden, an unseren großartigen Ehemann, Vater, Schwiegervater und Großvater denken und uns gut um unsere Omas kümmern.
In diesem Sinne wünsche ich eine besinnliche Weihnachtszeit, Frohe Festtage und ein frohes Neues Jahr 2018, nehmen Sie sich etwas Zeit zur Entschleunigung und Besinnung.
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