Es war Bundeskongress der Jusos in Deutschland an diesem Wochenende. Unter dem Motto „Hört die Signale!“, Teil der berühmten ersten Zeilen der Internationalen, weltweite Hymne der sozialistischen Arbeiter*innenbewegung, fanden sich 300 Delegierte im schönen Saarbrücken ein. Allein mit der Wahl dieses Slogans, haben wir Jungsozialist*innen schon ein deutliches Zeichen gesetzt. Nach diesem historisch katastrophalen Jahr für die Sozialdemokratie in Deutschland, muss die SPD auf die Signale, die die Wähler*innen ihr gegeben haben und die Signale, die wir Jusos ihr schon seit Jahren geben, endlich hören!
Wir brauchen eine Erneuerung der SPD, personell, strukturell und inhaltlich!
Das zweite Zeichen, das wir Jusos auf unserem Kongress setzen wollten, war, dass wir eine mögliche 180-Gradwende der Parteiführung hin zu einer Großen Koalition „GroKo“ nicht unterstützen werden! Wir haben einstimmig einen Beschluss gefasst, der diese Forderung eindrucksvoll unterstreicht. Die Parteijugend, ein großer Teil der Basis und des linken Flügels sind gegen ein „Weiter so!“. Sowohl für Deutschland als auch für Europa, das unsere Meinung nach Besseres verdient hat, und erst recht für unsere geliebte, gebeutelte Sozialdemokratie.
„No GroKo means No Groko“, lieber Parteivorstand!
Von diesen beiden Themen war der Kongress natürlich geprägt, aber wir dürfen auch in politisch turbulenten Zeiten nicht vergessen, dass wir auch inhaltlich starke Zeichen mit den von uns beschlossenen Anträgen und dem neuen Arbeitsprogramm [Antrag A1] gesetzt haben. So haben wir in diesem nicht nur laute Forderungen nach Parteierneuerung aufgestellt, sondern auch konkrete, inhaltliche Vorschläge gemacht. Wir wollen die Partei personell jünger und weiblicher, inhaltlich linker und progressiver und strukturell demokratischer und transparenter aufstellen. Außerdem haben wir einen neuen Bundesvorstand mit einem neuen Vorsitzenden, Kevin Kühnert (bisheriger Stellvertreter), gewählt.
Im Anschluss findet ihr einige der interessanten Beschlüsse mit dem jeweiligen Antrag, auf den sich meine Zusammenfassung bezieht:
Dual Studierende stärken!
Wir fordern, dass es endlich zu einer gesetzlichen Regelung für Duale Studiengänge kommt, da die Studierenden in diesem Bereich häufig kein Anrecht auf die Privilegien von Studierenden, wie Tickets, Vergünstigungen, AStA etc. und gleichzeitig auch nicht Grundrechte von Arbeitnehmenden haben. [Antrag C7]
Mitsprache für Mieter*innen auf einem entfesselten Wohnungsmarkt!
Für Mieter*innen haben wir wesentlich stärkere Mitspracherechte als bisher im Programm. Auch wenn Schwarz-Gelb die Mietpreisbremse abschafft, müssen wir verstärkt auf dieses Instrument und auf mehr Mieter*innenrechte auf einem in vielen Teilen kapitalistisch entfesselten Wohnungsmarkt setzen. Die Mietpreisexplosion muss gestoppt werden. [Antrag O3]
Queer ist keine Krankheit: LGBTQ* schützen und rechtlich stärken!
Wir sind gegen Konversionstherapien, die LGBTQ* mit Elektroschocks, Psychoterror und Medikamenten „heilen“ wollen und fordern ein striktes Verbot dieser brutalen und skandalösen Praktiken. Zudem möchten wir uns für eine Nivellierung des Transsexuellengesetzes stark machen, das in weiten Teilen de facto verfassungswidrig ist. Trans*Personen sollten sich nicht erniedrigenden Prüfverfahren stellen müssen und einfacher ihr „bürokratisches Geschlecht“ offiziell angleichen können. [Antrag G5 und G9]
Weg frei für WLAN in Schulen!
Rückständigkeit wird in Klassenzimmern mit Disziplin und Didaktik verwechselt. Deshalb fordern wir, dass auch deutsche Schulen endlich auf die Digitalisierung reagieren und Internetnutzung in der Schule nicht mehr davon abhängt, welches Datenvolumen sich die Eltern der Kinder leisten können. [Antrag C19]
Rüstungsproduktion verstaatlichen!
Es ist ein Skandal, dass die Bundesregierung weiterhin Politik für die Rüstungsindustrie macht und dabei das Leid von tausenden Menschen in Kauf nimmt. Wir fordern daher eine Systemwende in der deutschen Rüstungsindustrie. Der Bundestag muss viel weitreichendere Kompetenzen bei der Genehmigung von Exporten haben und die Rüstungsindustrie unter staatliche Kontrolle, damit nie wieder Krieg von deutschem Boden ausgeht. An unsere Bündnispartner*innen in der Welt sollen dabei nach Zustimmung des Bundestags weiter Waffen geliefert werden, auch um die Sicherheitsinteressen Europas und Deutschlands zu sichern. Dabei sollen rechtsstaatliche Prinzipien aber auch bei NATO-Mitgliedschaft Grundlage sein und Exporte an Länder wie die Türkei intensiv im Parlament beraten werden. [Antrag F4]
G20-Aufklärung ist dringend notwendig!
Je mehr Zeit nach dem Gipfel vergangen ist, desto mehr fällt auf, dass voreilige Pauschalurteile in beide Richtungen überdacht werden sollten. Es ist dabei möglich, sich auf der einen Seite dankbar und solidarisch mit der Polizei zu zeigen und Gewalt von Chaot*innen zu verurteilen und gelichzeitig auf der anderen Seite falsche Strategien und Unrecht gegenüber Demonstrant*innen zu analysieren und zu verurteilen. Das fordert der Antrag der NRW-Delegation ausgewogen. [Antrag I1]
Kapitalismus 4.0: Wir wollen Digitalisierung, die den Vielen nützt, nicht den Wenigen!
Das für die Arbeitnehmer*innen wichtigste Thema unseres Jahrhunderts wird wohl die vierte große Revolution der Arbeitswelt, die Digitalisierung sein. Die FDP hat zwar die schmissigeren Slogans gehabt, aber deren Zukunftsvisionen sind so neoliberal wie abgegriffen. Um eine Digitalisierung umzusetzen, die uns allen und nicht nur reichen Konzernmultis im Silicon Valey nützt, brauchen wir linke Lösungen. Genauer auf den Antrag, der unsere Forderungen und Ideen zum Themenkomplex zusammenbringt und viele neue Ideen für die Auswirkungen auf die verschiedensten gesellschaftlichen Felder einbringt, kann ich hier nicht eingehen. Allerdings gebe ich gerne eine Leseempfehlung aus. [Antrag Z1]
Die beschlossenen Anträge kommen euch noch zu!
Bei Interesse kann sich ja mal ins Antragsbuch hineingelesen werden, es wurde noch viel, viel mehr als das von mir hier genannte kontrovers diskutiert und beschlossen. Die aktuelle Form, die auf der Seite jusos.de zu finden ist, ist allerdings nicht in Gänze behandelt worden und behandelte Anträge wurden zudem zahlreichen Änderungen unterzogen. Die aktualisierte Form wird euch sicherlich noch von der Seite des neuen Vorstanden zukommen. Zudem können wir auf der nächsten Sitzung ja noch was über den BuKO schnacken und ich erzähle was persönlicher von meinem Wochenende im Saarland.
Fazit des BuKo für mich: Packen wir es an, damit in zehn Jahren noch etwas von unserer Partei für uns übrig ist!
Solidarische Grüße und Glück auf!
Tobi
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